Drei

Es irritiert mich, ich mach mir noch einen Kaffee und schaue in den Regen und ich summe, summe „Die Sonne geht über allen auf“. Summe seit 3 Tagen. Seit 3 Tagen (fast) zufrieden mit dem Leben. Mit mir sicher nie, aber nach dem Friseurbesuch denke ich das mein Spiegelbild, doch ansehnlich ist für einen fast 100jährigen. Ich steige aber nicht aus dem Fenster, dazu wohne ich zu hoch. Es fehlt der Zusammenhang? Erinnerte mich an das Buch “Der 100jährige der aus dem Fenster stieg und Verschwand“. Mein digitales Tonbandgerät spielt „Monster Of The Week“ von der Band „Good Morning“. Ich schüttle mich, huch fast schon lebensfroh. Habe ich da eben mitgewippt? Nun ist aber wirklich genug denke ich mir und wippe langsam zum Kühlschrank und gönne mir ein Belohnungseis.

Die Sonne geht…

Mal wieder was schreiben, wollte eigentlich mindestens alle 3 Tage etwas schreiben, vielleicht ab jetzt. Vielleicht ab Morgen.

Es war ein guter Tag heute, ja ein guter Tag. Woran ich das merke?

Immer wenn es ein wirklich guter Tag mit Glücksmomenten ist und war, erwische ich mich dabei das ich irgendwann den alten Kanon, vor mich hin summe, singe, vielleicht ihn auch nur denke: „Die Sonne geht über allen auf, auf alle über, über allen auf. Die Sonne geht über allen auf, auf alle über, über allen auf. Der Himmel geht über allen auf, auf alle über, über allen auf. Der Himmel geht über allen auf, auf alle über, über allen auf.“

Ja, sie geht über allen auf und möge sie auf diesem Planeten so manches dunkle Hirn erleuchten, manches kalte Herz erwärmen und manche Träne trocknen. (Heute wünsche ich mir das ganz besonders für die Stadt Rafah)

Archivbild

 

Ein stilles Erwachen

Ich könnte mal wieder etwas schreiben, überlege ich mir. Man könnte ja sonst den Eindruck gewinnen das Leben sei nun langweilig. Nein, langweilig ist ein wirres Leben nie und wenn das Leben in Ordnung ist, kann ich es gut wieder in Unordnung bringen. Das Chaos an meiner Seite berät mich.

Ich schaffe es im Augenblick mein geliebtes Chaos und mein ungeliebtes ICH gut im Einklang zu halten. Ja, die Sonne steht, so dass kaum Schatten fallen, nur kleine hinter mir. Sicher ein bisschen Mirtazapin, liebevoll von mir Marzipan genannt hilft auch noch etwas dabei.

Im Warteraum des Arztes sitz ein altes Ehepaar. Sie trägt eine Maske und hustet sehr stark und man merkt das es ihr wehtut. „Warum gehst du jetzt erst“ schimpft der Ehemann liebevoll “Ich hoffe der Arzt reißt dir die Ohren ab“ schimpft er lächelnd. „Dann kann ich ja keine Maske mehr tragen“ sagt sie fast triumphierend“ und weiter sagt sie auf mich weisend: „Schau mal der junge (!!) Mann muss auch schon lächeln“. Dann schaut sie ihren Mann an und nimmt seine Hand und ich denke mir, die Welt ist noch zu retten, solange es solche Hände gibt, Hände die sich halten.

Schaut mal kurz neben euch, vielleicht sitz da jemand, steht da jemand, IST da jemand.

Ein Bild entstanden in der Kunsttherapie in der Klinik

Gänge Gang

Gestern traf ich mich mit zwei, mir wichtig gewordenen Menschen aus der Klinik. Anlass genug nochmal die langen Gänge entlangzugehen. Ein sehr schöner Abend, der irgendwie wieder zeigte, je älter man wird, je weniger Menschen lernt man kennen. Deshalb bin ich besonders dankbar für E.K. und S.K.

Natürlich kam die Frage wie es mir geht. Es geht mir gut. Die Klinik war ein Erfolg. Sicher muss man abwarten, wie es weitergeht. Im Augenblick genieße ich die innerliche Gute Laune, die Lust wieder Kunst zu machen, wieder Leben und nicht in den eigenen negativen Gedanken verfangen zu sein, wie in einem Zauberwürfel, den man dreht und dreht und doch nie löst.

„rezidivierende depressive Störung“ sagt der Entlassungsbrief. OK denke ich und Google nach „rezidivierend“ – Wiederkehrende depressive Störung. OK, soll sie kommen, die Antitabletten wirken gut, im Augenblick kann sie mich mal, die Depression und überhaupt, wie schrieb ich einem Freund heute: „Es wäre doch langweilig, wenn einem immer die Sonne aus dem Popo scheint“

Auch wenn der „einsame Wolf“ in mir, ab und zu an der Tür kratzt.

60 Tage

Etwas Jazz klingt aus meinen heimatlichen Boxen.

24 h ist es her, dass ich etwas verloren in der Straßenbahn saß. Nach 60 Tagen wieder zurück in das normale. Was im Gegenzug bedeuten würde, das andere wäre unnormal und sicher sind 60 Tage Klinik nicht ganz gewöhnlich. Aber es war auch ein gesicherter Rahmen und irgendwie auch eine Parallelwelt.

Nun schaue ich auf die Termine, die die nächsten Tage anstehen, Psychoanalyse, Arbeit-Gespräch, Arzt und es tut auch gut wieder in der „normalen“ Welt anzukommen.

Fazit – geheilt- Nein

Fazit II – voller Hoffnung – Ja

Wohin…

Wohin noch mag mein Weg mich führen? Närrisch ist er, dieser Weg, er geht in Schleifen, er geht vielleicht im Kreise. Mag er gehen, wie er will, ich will ihn gehen. (Hermann Hesse)

Da stehe ich wieder mit mir selbst

Da stehe ich wieder mit mir selbst, im Gespräch, ohne zu reden. Wieder da der Alltag, seit langen wieder mal allein mit mir. Ich finde mich seltsam heute und wechsle die Musik. Aufgeregt und ich weiß nicht mal warum. Es fällt mir schwer mal 15 Minuten still zu sitzen. Kopfschmerzen. Die Zigarette, die ich nicht rauchen wollte, qualmt vor sich hin. Den Zettel mit den Dingen, die ich heute erledigen will, drehe ich um, erstmal, um ihn gleich wieder umzudrehen und wieder und wieder. Welche Seite liegt oben? Der Kaffee, der nicht schmeckt, ist alle und ich wische den Wohnzimmertisch. Mit dem linken Fuß rutsche ich immer etwas ab, in dieses Loch, das ich wohl selbst grabe. Amazon hat etwas, aber nicht für mich. Denke an die Birke, an die Frau in Prag und ich weiß ich muss ankommen. Ich kann die Fahrkarte nicht finden. Antworten stehen auf ihr, hoffe ich, auf die Fragen die ungedacht im Raum stehen. Hat das System einen Fehler oder bin ich der Fehler im System? Die 5 Minuten der 5 Minutenterrine konnte ich nicht abwarten. Die Nudel ist hart und sticht mir in den Gaumen. Wieder zu Hause, dort wo man zu Hause ist. Hätte nicht damit gerechnet, dass es mich so umhaut, dieser Alltag. Und ich weiß er hat so viel Schönes, dieser Alltag, ich muss es nur wieder finden. Kafka sagte einmal: „Je länger man vor der Tür zögert, je fremder wird man“. Jetzt muss ich nur noch diesen kleinen hässlichen Gnom finden der ständig die Türklinke verschwinden lässt.

 

Quelle

Die Quelle ist tief unter Wasser. Heiß schießt sie aus dem Berg. In vielen kleinen Brunnen kann man sich in Karlsbad dieses Wasser holen. Natürlich soll es heilen. Es ist zwischen 70 und 30 Grad warm, je nach Quelle und damit man sich nicht verbrennt gibt es in der ganzen Stadt eine Art Schnabeltasse (zu kaufen). Wie es schmeckt? Wie wenn man eine Laterne aus Metall ableckt. Nein ich habe noch keine Laterne abgeleckt aber kennt man nicht diesen Geschmack nach Metall der so schmeckt wie eine Laterne? Ich denke die meisten wissen, was ich meine. Und so sitze ich an meiner Schnabeltasse und schaue den Menschen zu. Wieviel Hoffnung wohl einige in das Wasser legen. In der Mitte steht passender Weise die Göttin Hygieia, eine Heilgöttin. Überlege wie sich wohl Gleichgültigkeit und Hoffnung abwechseln. Einige füllen sich Trinkflaschen ab, was nicht gerne gesehen ist. Sollen sie es tun, wenn es ihnen Hoffnung gibt und so ganz langsam begreife ich warum ich hier sitze und dieses Wasser trinke.

Die“russische“ Stadt

Karlsbad, oder Karlovy Vary, Karlovy Vary oder Karlsbad, eine schöne Stadt. Eine sehr schöne Stadt in der Schönheit eine große Rolle spielt. Beim ersten Spaziergang durch diese Stadt fiel es auf das ungewöhnlich viel auf Russisch geschrieben war. An manchen Objekten stand sogar alles nur auf Russisch. Ein Beitrag sprach von der größten Dichte von VIPs in Karlsbad und beim Betrachten russisch sprechender Lippen fiel auf, so ganz original sahen sie nicht aus. Na klar, Karlsbad ist auch für seine Schönheitsinstitute bekannt und so lassen sich hier die Reichen und Schönen noch schöner schnippeln. Was immer im Auge des Betrachters liegt. Aber es muss auch gesagt werden, es stand auch überall in Deutsch. Also auch die Landsleute lassen gerne ihre Lippen und ihr Geld hier. Karlsbad ist erschwinglicher als Prag und so ist es hier ein buntes Menschengewirr aus Touristen, die die Socken in den Sandalen bis zu Knie haben, japanische Reisegruppen, die alle der Gelben Fahne folgen und den ersichtlich Reichen neben den ungespritzten Normalos. Für einen stillen Beobachter wie mich ein Paradies und so werden sicher die Menschen dieser Stadt noch mehr Stoff zum Schreiben geben. Sicher bin ich nicht immer noch an den Orten, von denen ich schreibe, sonst müsste die Tastatur meines Kopfes ununterbrochen tickern, na gut das macht sie ja, man muss das ganze aber noch irgendwie aufs Papier bekommen. Das Karlsbad eine schöne Stadt ist, hatte ich aber erwähnt?